Die Namensgeschichte der Musette [my.zɛt] beginnt mit der rekonstruierten Indo-Europäischen Wurzel *mewH-, eine lautmalerische Silbe für „murmeln“. Im Vulgärlateinischen wurde aus *mewH-s-éh2 das Substantive mūsa, in der Bedeutung von „Maul / Schnauze“ und „Maulkorb“. Daraus entwickelte sich im Altfranzösischen das Wort muse. Das französische Wort musette ist eine Verkleinerungsform von muse und bezeichnete in der Barockzeit eine Sackpfeife, die Musette de Cour. Daneben hat musette im Französischem auch die Bedeutung von Proviantbeutel und Pferde-Fresssack.
Die Musette de Cour [my.zɛt də kuʁ] – damals einfach Musette genannt – war im 18. Jahrhundert in Frankreich ein beliebtes Instrument der höfischen Musikkultur, als man sich für das Ländliche begeisterte und Musikinstrumente des einfachen Volkes in Mode kamen. Aussehen und Technik des ländlichen Dudelsacks wurden verfeinert, sodass er den Ansprüchen von kunstvoller Musik genügte. So ist die Musette de Cour eine leise Sackpfeife mit einem Tonumfang von fast zwei Oktaven, 1-2 vollchromatische Spielpfeifen und mehreren Bordunpfeifen, die sich umstimmen und stummschalten lassen. Ende 18. Jahrhundert verlor die Musette de Cour an Bedeutung.
Ebenso wurde in dieser Zeit ein ruhiger ländlicher Tanz aus Frankreich nach der Musette benannt. Der Barocktanz hat keine einheitliche Form. Er kann im ¾-, 6/8 oder 2/4-Takt stehen. Die Musette ist ein Schäfertanz mit zartem, idyllischem Charakter. Sie ist eng verwandt mit der Pastorale, steht aber im Gegensatz zu dieser nicht im Zusammenhang mit Weihnachten. Der Bass der Musette ist ein langer Orgelpunkt, er imitiert also den Bordun der Musette de Cour.
Später ging die Bezeichnung Musette auch auf den ländlichen Dudelsack über, der eigentlich Cabrette [ka.bʁɛt] heißt, von Okzitanitsch cabrete, zu Deutsch „Zicklein“.
Und schließlich wurde der Musette-Stil nach dieser Sackpfeife benannt.
Gerald Bok 