Tango VI – Musikalische Merkmale

Der Tango ist ein Tanz im 2/4 oder 4/8-Takt. Schlagertypen werden im 4/4-Takt notiert.

Das Tempo liegt im Bereich von ca. 120 Schlägen pro Minute. Typisch für den Tango ist der gehende, akzentuierte Rhythmus der Basslinie und Begleitakkorde. Der Rhythmus der Melodie ist oft eine Mischung aus synkopischen und geraden Motiven. 

Eine spezielle Spielweise ist der Canyengue-Effekt [kanˈdʒɛnge ɛˈfɛkt]. Dabei werden Perkussionseffekte erzeugt, z.B. durch das Schlagen mit der Handfläche auf den Resonanzkörper des Kontrabasses bzw. auf den Balg des Bandoneons oder durch das Schlagen mit der Holzseite des Bogens auf die Saiten von Kontrabass oder Geige. Der Canyengue-Effekt ist in gewisser Weise ein Ersatz für die fehlenden Schlaginstrumente. Er wurde erfunden vom Kontrabassisten Leopoldo Thompson, ein Mitglied in den Orchestern von Roberto Firpo und Francisco Canaro. 

Die frühen Tangos hatten eine dreiteilige Form: Thema – Refrain – Trio, so wie bei der Polka. Ab den 1920er-Jahren wurde er oft nur als zweiteiliges Stück geschrieben. Die Teile haben meist 16 Takte mit ein oder zwei Hauptthemen. 

Die Harmonie ist meist tonal (Dur und melodisches Moll), häufig mit Modulationen zur Dominante oder Subdominate sowie zu parallelen Dur- bzw. Moll-Tonarten. 

Die einzelnen Teile werden oft durch Wechsel der Tonart voneinander abgetrennt. Zum Beispiel kann der B-Teil in der Tonart der Dominante stehen oder – wenn Teil A in Moll steht – in der gleichnamigen Durtonart. 

Der Tango ist geprägt von Gegensätzen. Diese können durch die Dynamik dargestellt werden, also durch einen plötzlichen Wechsel zwischen Forte und Piano, oder durch die Artikulation, die rítmico oder cantando ausgeführt werden kann. Die Spielweisen Rítmico und Cantando können beliebig innerhalb eines Stückes vermischt werden. 

Die Rítmico-Spielweise ist geprägt von scharfen Staccati und Akzentuierungen („el acento“). Typisch ist die ausgeprägte Abphrasierung von Zwei-Ton-Motiven, besonders dann, wenn sie auf betonter Taktzeit stehen. 

Beispiel für Phrasierung von Zwei-Ton-Motiven

Das Candando wird dadurch erreicht, indem Motive im Legato gespielt werden. 

Ein zusätzliches Stilmittel für gesangliche Passagen ist das Fraseo. Dabei wird der Rhythmus der Melodie verzerrt. Es wird unterschieden zwischen dem Fraseo cerrado [fɾaˈse.o seˈra.ðo], das bis 1945 verwendet wurde, und das spätere Fraseo abierto [fɾaˈse.o aˈβjeɾ.to]. Bei Letzterem wird der Rhythmus triolisch verändert. 

Beispiele zum Umsetzung des Fraseos

Beim Tango können Ornamente ganz spontan eingestreut werden, insbesondere in ruhigen Passagen. Dazu zählen: der Mordent („el mordente“), der Pralltriller („el trino“) und der Doppelschlag („el grupeto“). 

Zum Abschluss ein Vorschlag, wie der B-Teil vom Stück „Der Löwe durchstreift sein Revier“ interpretiert werden kann: 

Vorschlag zur Interpretation vom Teil B des Stücks „Der Löwe durchstreift sein Revier“ (Gerald Bok)

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